Hilfe – Broschbeggde!

Päckerlesweis’ liegen sie im Briefkasten, die allgegenwärtigen Werbedrucksachen oder, wie der Oberfranke sagt, die Broschbeggdleswerbung. Egal wie groß das Schild „Keine Prospekte einwerfen“ auf dem Posteinwurfgehäuse prangt: Der buntbedruckte Marketingeltangel steckt oder liegt trotzdem drin.

Ein Pfund Reklame die Woche ist das Wenigste, was einem ungebeten hineinfliegt: Das sind an die zwei Kilo pro Monat und damit im Jahr mindestens ein halber Zentner Presszellulose, wobei die Zusatzbroschbeggdla an Weihnachten, Ostern, zur Kommunion, zur Konfirmation, Schlußverkauf, Ausverkauf, Sonderverkauf, Jubiläumsverkauf, Startverkauf, Schlussverkauf, Räumungsverkauf, Notverkauf, Werksverkauf, Umbauverkauf, Verkauf wegen sauschönem Wetter und Verkauf wegem sauschlechtem Wetter (die werden zudem laufend mehr) noch gar nicht mitgewogen sind.

Dreimal ham wir bereits moniert, dass kein Kirchenbläddla mehr kommt. „Obber des könnt aa mit nei die Broschbeggde gerutscht saa!“ Und die meisten von denen sind fort. Wie sie gekommen sind. Von der kleinen blechernen Kist’n in die große kunststofferne. Beinahe fliegt auch die Berchtesgaden-Ansichtskart’n von der Tante Inge gleich mit in die Blaue Tonne, freilich auch bloß aus Versehen.
Autohandel, Möbelhäuser, Teppichbasare, Subbermärkte, Schmuck- oder Schluckanbieter: Ein jeder überbietet den anderen in Gestaltung, Farbe und – vor allem – an Quadratmetern der papierenen, farbstrotzenden Werbeschlappen. Und was da alles darin so angeboten wird: Wennst durch den Subbermarkt läffst, kriegst du das alles gar net mit. Aber so nimmt man sich daheim ein halbes Pfund Broschbeggde mit dahin, wo auch der Kaiser zu Fuß hingeht und hat dann ein paar Minuten Zeit, um sich in Ruh in die Sonderangebote zu vertiefen.

In der guten alten Zeit, als es hinterrücks unter einem so an die drei Meter im freien Fall abwärts ging, hätte man derartige Broschürenorgien zur clogistischen Haushaltsminimierung schlichtweg begrüßt. Wäre doch die Zeitung vom Tag ganz geblieben und der Landwirtschaftliche Heimatkalender unversehrt. Heut gibts des Zeug zentnerweise umersunst, aber mehr als „zum Nei’schaua“ taugt es fast nicht mehr, höchstens für Kleingärtner noch, die ihre dreckerten Gummistiefel darauf abstellen.

Zu was allem könnte man so einen Haufen Broschbeggdla nicht noch hernehmen: Zum Hineinstopfen in die nassen Schuhe nach dem Pfiffersuchen, zum Auslegen der Wohnung beim Malern, zum Einwickeln der Pausenbrote für die Gunga, unter den Kanarienvogel, solang man das Blech sauber macht, zum Heizüferla-Onzünd’n oder als Unterlage für alle dreggert’n Arbeiten schlechthin.

Wären die Reklamebläddla nur nicht so behandelt, dass sie bald mehr Wasser abstossen als ein Winteranorak und täten sie nicht dermaßen nach Druckfarbe riechen, dass sich sogar unser Kanari mit einem Flügel den Schnabel zuhält. Außerdem brauchst zum Broschbeggdla anzünden bald eine dreifache Sondergenehmigung von Landratsamt und Feuerschutz und für dreggerte Arbeiten absehbar eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Bundesumweltbehörde.

Die Broschbeggde aber landen weiterhin und ungefragt in deinem Briefkasten, egal wie groß das Schild „Keine Prospekte einwerfen“ darauf ist. Und wenn du keinen hast? Dann wird die Reklame dir einfach unter der Tür durchgeschoben. Kommst du irgendwann nach Hause und machst nichts ahnend deine Tür auf, schiebt sich der ganze Blätterwust zusammen und stellt sich quer. Was zur Folge hat, dass du dann buchstäblich mit der Nas’n darauf stößt. Der Werbefachmann nennt dies „effiziente Werbung“, die Konkurrenz sagt aber dazu „faule Tricks“. -psg-

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